Natur- und Klimaschutz gehören zusammen
Wir müssen raus aus Öl, Gas und Kohle. Der Umbau des Energiesystems auf erneuerbare Energieträger ist unumgänglich im Kampf gegen das Artensterben und die Klimakrise. Benötigt werden ein massiver und schneller Ausbau von Wind- und Sonnenenergie, aber auch erhebliche Anstrengungen in den Bereichen Energiesparen und Energieeffizienz. Der Bericht des Weltklimarats IPCC alarmiert und ruft zum Handeln auf: Ein Drittel aller Tier- und Pflanzenarten könnte als Folge der Erderhitzung bis 2070 aussterben. Wir brauchen daher mehr Tempo bei der Energiewende.
Da Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbarer Energie auch drastische Schäden in der Natur anrichten können, führt kein Weg an einer gut geplanten Energiewende, mit möglichst geringen negativen Auswirkungen auf Natur und Biodiversität, vorbei. Schlecht platzierte und falsch geplante Windenergie- oder Freiflächen-Photovoltaikanlagen können wichtige Lebensräume für Tiere und Pflanzen gefährden und sich im schlimmsten Fall negativ auf die Bestände von ohnehin bedrohten Arten auswirken.
Foto: NABU/Eric Neuling
Mehr Maßnahmen für Naturschutz
Damit das Artensterben gestoppt und nicht weiter verschärft wird, muss die Energiewende mit einer Offensive für Artenvielfalt und natürlichem Klimaschutz einhergehen. Mit der Ausweitung von Schutzgebieten, Artenhilfsprogrammen und der Wiederherstellung von Mooren, Wäldern und natürlichen Gewässersystemen können wir sowohl der Natur helfen als auch wirksamen Klimaschutz betreiben. Denn Artensterben und die Klimakrise müssen gemeinsam bekämpft werden. Der NABU begrüßt das Vorhaben der Bundesregierung verbindlich Flächen für den Naturerhalt und die Umsetzung von Artenhilfsprogrammen in der Gesetzgebung vorzusehen und fordert konkrete Regelungen für die Umsetzung. Neben Klimaschutz muss auch der Naturschutz zum vorrangigen öffentlichen Interesse erklärt werden. Einseitiger Vorrang für Klimaschutz schwächt den Naturschutz! Der Schutz von Natur und Landschaft darf nicht einseitig abgeschwächt werden.
Konkrete Maßnahmen der Landesregierung
Im aktuellen Koalitionsvertrag von CDU und Grünen für das Bundesland NRW nehmen die Themen Klimaschutz und Energie eine zentrale Rolle ein. Vor dem Hintergrund der sich immer deutlicher abzeichnenden Auswirkungen der Klimakrise (Hochwasserkatastrophe 2021, Hitzesommer, generelle Zunahme von Extremwetterereignissen) und der sich anbahnenden Energiekrise plant die neue Landesregierung den massiven Ausbau von Erneuerbaren Energien. Neben einer massiven Förderung von Solarenergie/Photovoltaik sowie der Umsetzung des geplanten Kohleausstiegs bis 2030 sollen in den nächsten Jahren 1.000 neue Windenergieanlagen landesweit hinzukommen. Zwar soll bei diesem Ausbau auf eine landesweit gerechte Verteilung der neuen Anlagen geachtet werden, schon jetzt ist aber absehbar, dass insbesondere die ländlichen Räume hiervon betroffen sein werden. Um dies künftig schnell und effizient umsetzen zu können, sollen bisher angewandte Genehmigungsverfahren erleichtert werden, was im Umkehrschluss leider eine beträchtliche Aufweichung des Natur- und Artenschutzes zur Folge haben wird.
Konkret genannt wird im Koalitionsvertrag die mögliche Nutzung bzw. die Erweiterung von Spielräumen im Natur- und Artenschutzrecht, um einen beschleunigten Ausbau von Windenergie zu ermöglichen. Ein besonders heikler Punkt ist der Plan zur Abschaffung von bisher geltenden pauschalen Mindestabstandsregeln zu Wohnsiedlungen aber auch zu besonders sensiblen Naturräumen. Solche gesetzlichen Mindestabstände dürften aber ab 2023 ohnehin bundesweit wegfallen. Auch die pauschale Öffnung von Kalamitätsflächen sowie beschädigter Forstflächen für Windenergieanlagen ist aus Sicht des Naturschutzes bedenklich. Schließlich plant die neue Landesregierung im Zusammenhang mit dem Ausbau der Windenergie künftig keine Flächenbedarfe mehr als naturschutzrechtliche Ausgleichmaßnahmen entstehen zu lassen. Vielmehr sollen künftig vorrangig Geldleistungen dem Natur- und Artenschutz zugutekommen.
Was folgt daraus?
Auch wenn sie die Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels grundsätzlich begrüßen, sehen Naturschutzverbände in den aktuellen Maßnahmen vorrangig eine Schwächung des Artenschutzes mit weitreichend Folgen für die Überlebenschancen bedrohter Tier- und Pflanzenarten. Nach Meinung des Osnabrücker Experten für Planungs- und Umweltrecht, Martin Gellermann, verstoßen die geplanten Regelungen zudem in einigen Bereichen auch gegen europäisches Recht. Genehmigung seien daher auf dieser Basis rechtlich angreifbar und sorgten somit auch bei den Trägern von Windkraftprojekten nicht für die nötige Rechtssicherheit.