Über die natürliche Verwertung eines Baumes
An diesem abgestorbenen Baumstupf leben eine Vielzahl Organismen.
Für viele sind sie nur lästig und unansehnlich, die Haufen aus abgestorbenem, vor sich hin moderndem Holzes, die von merkwürdigen nierenförmigen Gebilden übersäht sind. Diese dachartigen Strukturen sind Baumpilze, die zur Entstehung und Verwertung von Totholz führen. Gerade diese „Gammelecken“ haben einen großen Nutzen im Ökosystem Wald. In ihnen leben eine Vielzahl von Organismen, denen man auf den ersten Blick gar nicht ansieht, welche Vorgänge sie unterstützen. Der NABU Euskirchen möchte in seinem Tipp zur Naturbeobachtung auf diese Pilzarten und ihren Lebensraum hinweisen.
Der Flaschenstäubling ist ein häufiger Pilz in Laub- und Nadelwäldern, der oftmals in Gruppen anzutreffen ist. Als Saprobiont zersetzt er totes organisches Material.
Der Weg vom kränkelnden Baum bis zum daraus entstehenden Humus ist ein langer Verrottungsprozess, der sich über viele Jahre hinziehen kann. Der Tod eines Baumes beginnt damit, dass sich Parasiten am noch lebenden Baum in Verletzungen der Rinde festsetzen. In Wunden, die z.B. durch Frost, Blitzschlag, Wildverbiss oder Forstarbeiten entstehen können, bilden Baumpilze ihr Pilzfadengeflecht bis zu den Transportbahnen für Wasser und Nährstoffen aus. So kann zum Beispiel der "Flaschenstäubling" auf Kosten der Bäume von deren Säften leben. Wegen dieses tiefsitzenden Wurzelgeflechtes ist es auch nur schwer möglich, einen Baumpilz von seinem Wirt zu lösen. Kurze Zeit nach dem Pilzbefall beginnen auch Insekten, sich an dem noch lebenden Baum gütlich zu tun. Sie beschleunigen so den Abbauprozess.
Der Spaltblättling wächst als Saprobiont (Weißfäuleerreger) und Wundparasit an verschiedenen Laub- und Nadelhölzern
Wenn der Baum abgestorben ist, übernehmen die Pilze zuerst einmal die „Hauptarbeit“. Sie schließen die Cellulose, den Holzgrundstein, so auf, dass er von Insekten genutzt werden kann. In den Fraßgängen der Insekten siedeln sich dann wieder Pilze an, die den Baum weiterzersetzen. Mit der Zeit entsteht aus diesem Wechselspiel zwischen Insekten und Baumpilzen Humus der die Grundlage für einen neuen Baum bildet.
Riesenschlupfwespen findet man am ehesten im Sommer an frisch gefällten, ungeschälten Stämmen von Nadelbäumen. Das Insekt ist mit seinen seinen hochsensiblen Fühler in der Lage, im Holz lebende Tiere, wie Maden, Würmer oder Engerlinge bis in eine Tiefe von etwa 4 cm zielsicher zu orten.
An alten Eichen hat man über 1.000 Organismenarten gezählt – von Baummardern, Fledermäusen, Eichhörnchen und Spechten über eine große Vielzahl an Insekten bis hin zu Moosen und Pilzen.
Totes Holz ist ein ebenso wichtiger und wertvoller Bestandteil der Waldökosysteme wie das lebende Holz. Eine Vielzahl von Lebewesen, wie Insekten, Vögel, Fledermäuse und Pilze, sind auf Totholz als Lebensgrundlage angewiesen. Im morschen Holz leben viele Insektenarten, die wiederum die Nahrungsgrundlage für viele Vögel darstellen. In das weiche stehende Totholz zimmern Spechte gern ihre Höhlen, in die dann andere Vogelarten oder auch Fledermäuse als „Nachmieter“ einziehen.
Schutz und Nistmöglichkeiten findet das Rotkehlchen in einer Totholzhecke.
Fotos: Günter Lessenich/NABU Euskirchen
Noch ein Tipp: Auch Sie können mit Totholz Leben in Ihren Garten bringen. Schichten Sie die Äste, die beim nächsten Obstbaum-, Hecken- oder Strauchschnitt anfallen, in einer Ecke des Gartens zu einem Haufen oder einer Totholzhecke auf. Es wird nicht lang dauern, bis Sie zahlreiche Vogelarten – z.B. Amsel, Zaunkönig und Rotkehlchen – beobachten können, die in der Hecke Schutz und Nistmöglichkeit finden. Auch von Igeln und Erdkröten, die ein Quartier zum Überwintern suchen, werden solche Habitate gern angenommen. Als Dank werden diese Tiere dafür sorgen, dass Sie in Ihrem Garten die ein oder andere Schnecke oder Stechmücke weniger haben.
Ein Bericht von: Günter Lessenich/NABU Euskirchen
Fotos: Kurt Schröder