Bei der „Stunde der Gartenvögel“ haben über 58.000 Menschen Daten über die Vogelwelt gesammelt / NABU blickt auf 20 Jahre Vogelzählung zurück
Kleiner Zaunkönig ganz groß, Schwalben machen sich rar
Berlin/Euskirchen – Bestes Frühlingswetter lockte am langen Wochenende vom 9. bis 12. Mai zum Vögelzählen in Gärten, Parks und auf dem Balkon. Mehr als 58.000 Menschen haben an der diesjährigen „Stunde der Gartenvögel“ teilgenommen und über 1,2 Millionen Vögel gemeldet. Jetzt liegen die Ergebnisse von Deutschlands größter Citizen-Science-Aktion vor, die bereits zum 20. Mal vom NABU und seinem bayerischen Partner LBV organisiert wurde. Auf Platz eins der am häufigsten gesichteten Vögel landete – wie fast immer – der Hausperling, gefolgt von Amsel, Kohlmeise und Star. In Nordrhein-Westfalen beteiligten sich dieses Jahr mehr als 10.800 Menschen und meldeten über 225.000 Vögel aus den nordrhein-westfälischen Gärten und Parks. Abweichend vom bundesweiten Ergebnis kämpfte sich in NRW die Kohlmeise auf Platz zwei vor Amsel und Blaumeise. Die allgemeinen Trends sind aber vergleichbar.
„Das überdurchschnittlich warme Frühjahr hat sich offenbar in der Vogelwelt bemerkbar gemacht, indem einige Arten früher zurückgekehrt oder mit der Brut gestartet sind“, sagt Lukas Stemper, stellvertretender Vorsitzender des NABU NRW. Daran habe auch der kurze Kälteeinbruch im April nichts geändert. So wurde beispielsweise der Zilpzalp landesweit um 13 Prozent häufiger gesichtet als im Vorjahr. „Als Mittel- und Kurzstreckenzieher ist er, wie auch einige andere Arten, etwas früher aus seinem Winterquartier zurück nach Deutschland gekommen.“
Ein weiterer Profiteur des milden Winters könnte der Zaunkönig sein. Er wurde in NRW um sechs Prozent häufiger gemeldet als im Vorjahr. Die Art sei anfällig für lange Kälteperioden, die es im vergangenen Winter nicht gegeben habe. Das könne laut Stemper die Population in Deutschland gestärkt haben.
Weniger gute Nachrichten gibt es von den Insektenfressern zu vermelden. Mehlschwalbe (minus 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr) und Rauchschwalbe (minus 18 Prozent) stürzen nahezu ab. Das könnte vor allem mit dem winterlichen Intermezzo während der Zugrückkehr im April zu tun haben. In NRW blieben die Meldungen der beiden Insektenfresser – anders als auf Bundesebene – auf dem bekannten niedrigen Niveau des Vorjahres. Bei den Mauerseglern gibt es dagegen bundesweit ein leichtes Plus von fünf Prozent bei den Sichtungen, in NRW stieg die Zahl der Beobachtung um satte 17 Prozent an. Damit pendeln sich die diesjährigen Beobachtungen in den recht stabilen Trend der letzten Zählaktionen ein.
„Wenn wir aber auf die vergangenen 20 Jahre zurückschauen, sehen wir, dass auch bei den Mauerseglern der Trend eher nach unten geht“, so Stemper. „Unsere Zählungen sind Momentaufnahmen. Erst die Kontinuität über Jahre gibt uns ein realistisches Bild von der Bestandsentwicklung der Arten.“ Diese Trends haben die Ornithologen des NABU zum 20. Geburtstag der Vogelzählung für die 18 häufigsten Gartenvögel zusammengestellt. So nahmen beispielsweise die Sichtungen bundesweit bei Buntspecht, Eichelhäher und Ringeltaube zu, während sie bei Grünfink, Amsel und Hausrotschwanz immer weiter abnahmen. Stemper: „Unsere Zahlen zeigen, dass typische Waldvögel wie Buntspecht, Eichelhäher und Ringeltaube in den vergangenen 20 Jahren den Siedlungsraum erobert haben, weil sie hier offenbar in Gärten und Parks ein gutes Nahrungsangebot und sichere Bedingungen vorfinden.“ Die starken Rückgänge bei den insektenfressenden und gebäudebrütenden Arten dürften eine Folge des Insektensterbens sowie von fehlenden Nistmöglichkeiten sein.
Im Kreis Euskirchen sind die Rauchschwalben im Minus, die Mehlschwalben im Plus
Im Kreis Euskirchen konnten von 208 Vogelfreunden in 147 Gärten, 5291 Vögel gezählt werden. Spitzenreiter ist der Haussperling mit 1050 Zählungen, gefolgt von der Amsel mit 445 Zählungen und der Kohlmeise mit 441 Zählungen.
Weniger gute Nachrichten gibt es von den Insektenfressern zu vermelden. Die Rauchschwalbe steht mit 44 Zählungen
auf Rang 24 der Ergebniskarten, was einem Minus von 26 Prozent entspricht. Sie wurde in weniger als 8,5 Prozent der Gärten gesichtet, während die
Mehlschwalbe mit 261 Zählungen immerhin auf Rang 7 kommt und damit ein Plus 29 Prozent erreicht. Sie wurde in 24
Prozent der Gärten beobachtet.
Was könnte die Ursache für den Rückgang der Schwalben sein?
Schwalben finden heutzutage immer seltener geeignete Nistmöglichkeiten und auch das Nahrungsangebot wird knapp. Dass sich die Lebensbedingungen für unsere Sommerboten verschlechtern, hat mehrere Ursachen.
In Städten verschwinden Nester zum Beispiel durch Sanierungsmaßnahmen an Gebäuden, häufig werden sie leider auch bewusst beseitigt. Gleichzeitig wird unsere Landwirtschaft zunehmend intensiviert. Höfe und Betriebe unterliegen heute strengeren Hygieneanforderungen als früher. Moderne Viehställe und Scheunen sind deshalb oft verschlossen und bieten Schwalben daher keine Einflugmöglichkeiten mehr.
Auch Feldwege, Einfahrten und Dorfplätze werden immer öfter zubetoniert, sodass Schwalben immer seltener Pfützen und damit weniger Lehm für ihren Nestbau finden. Zudem gibt es durch Monokulturen, den Rückgang der Weidewirtschaft und den Einsatz von Pestiziden immer weniger fliegende Insekten. Ausgerechnet sie bilden aber die Nahrungsgrundlage unserer Sommerboten.
Die nächste Wintervogelzählung ist vom 10. - 12. Januar 2025
Top 10 im Kreis Euskirchen
Rang |
Vogelart |
Anzahl |
% der |
Vögel |
Vergleich zum Vorjahr |
Vergleich zum Vorjahr |
1 |
1050 |
84,56% |
7,05 |
- 0,24 |
- 3% |
|
2 |
445 |
95,3% |
2,99 |
- 0,02 |
- 1% |
|
3 |
441 |
83,22% |
2,96 |
- 0,48 |
- 14% |
|
4 |
374 |
72,48% |
2,51 |
- 0,23 |
- 9% |
|
5 |
335 |
84,56% |
2,25 |
- 0,18 |
- 7% |
|
6 |
282 |
47,65% |
1,89 |
- 0,98 |
- 34% |
|
7 |
261 |
25,5% |
1,75 |
+ 0,39 |
+ 29% |
|
8 |
224 |
22,82% |
1,50 |
+ 0,06 |
+ 4% |
|
9 |
177 |
48,32% |
1,19 |
- 0,07 |
- 6% |
|
10 |
140 |
36,24% |
0,94 |
- 0,17 |
- 16% |