Spätestens seit den Schulstreiks von „Fridays for Future“ und den damit zusammenhängenden Massenprotesten ist das Thema des menschengemachten Klimawandels in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Zwar warnen Wissenschaftler bereits seit Jahrzehnten vor den Folgen der globalen Erwärmung, aber erst seitdem junge Menschen das Thema auf die Straße tragen und alle relevanten Medien darüber berichten, besteht Konsens über die Tragweite des Problems.[1] Inzwischen hat das Umdenken auch die Politik erreicht und dazu geführt, dass bei den vielen Entscheidungen Maßnahmen zum Klimaschutz automatisch mitgedacht werden.
Ganz anders sieht es leider beim Thema Artensterben aus. Zwar sind laut Weltbiodiversitätsrat bis zu einer Million Tier- und Pflanzenarten weltweit vom Aussterben bedroht und gemäß WWF haben sich die globalen Wildtierbestände seit 1970 um 60 Prozent verringert[2], dennoch fällt die mediale Aufmerksamkeit für diese Krise vergleichsweise gering aus. Dabei sind die Folgen des Artensterbens mittlerweile unübersehbar:
- mehr als zwei Drittel aller Feldfrüchte sind von natürlichen Bestäubern wie Insekten abhängig. Verschwinden diese, hat dies dramatische Auswirkungen auf unser Nahrungsangebot
- viele medizinische Wirkstoffe haben ihren Ursprung in der Natur. Geht die biologische Vielfalt zurück, verlieren wir viele natürliche Heilmittel
- da in natürlichen Kreisläufen alles voneinander abhängt, kann bereits der Verlust einzelner Arten unabsehbare Folgen haben; fehlen zum Beispiel Amphibien als natürliche Insektenvertilger, können sich manche Krankheitserreger unkontrolliert ausbreiten
- in der biologischen Vielfalt ist das Wissen von 3.5 Milliarden Jahren natürlicher Evolution gespeichert. Ausgestorbene Spezies sind für immer verloren und damit auch die genetischen Informationen, die jede Art einzigartig macht[3]
Die wichtigste Ursache für das weltweite Artensterben ist der Verlust von geeigneten Lebensräumen. Durch Flächenversiegelung, die Ausbreitung landwirtschaftlicher Nutzflächen, Entwaldung, Schaffung immer neuer Verkehrsinfrastruktur, die Trockenlegung von Feuchtgebieten etc. stehen vielerorts kaum noch größere zusammenhängende Naturräume zur Verfügung. Dazu kommt die Bedrohung vieler Arten durch direkte Verfolgung, durch die Übernutzung natürlicher Ressourcen, durch Umweltverschmutzung und das Einbringen von Umweltgiften, durch die Konkurrenz eingeschleppter und invasiver Arten sowie durch den menschengemachten Klimawandel.
Beim letzten Punkt liegt aber ein großes Problem: während die Klimakrise inzwischen vor allem durch technische Maßnahmen aktiv angegangen wird, bleibt der Natur- und Artenschutz allzu oft auf der Strecke. Planungsbeschleunigung für Erneuerbare Energien darf aber nicht dazu führen, dass noch mehr Wälder abgeholzt, wertvolles Grünland überbaut oder Schutzmaßnahmen für bedrohte Tier- und Pflanzenarten ausgehebelt werden. Klimakrise und Artensterben als die beiden großen ökologischen Probleme unserer Zeit dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Nur mit funktionierenden Ökosystemen können unsere Lebensgrundlagen langfristig erhalten bleiben.[4]
Wir als NABU Euskirchen setzen uns für den Schutz der biologischen Vielfalt ein, indem wir Flächen für den Naturschutz sichern, uns gezielt für bedrohte Arten einsetzen, Aktionen zur Renaturierung und gegen Umweltverschmutzung organisieren und im Rahmen von Veranstaltungen gezielt auf Missstände hinweisen. Wir freuen uns über jede Art von Hilfe, z.B. durch Spenden, eine Mitgliedschaft oder ehrenamtliche Unterstützung.
Text: Dr. Marco Mora / NABU Euskirchen
Anmerkungen und Links:
[1] Zumindest darüber, dass der Klimawandel real ist. Über dessen Ursachen wie auch über geeignete Maßnahmen, diesem zu begegnen, wird nach wie vor heftig gestritten. Vgl hierzu u.a. den Faktencheck der Bundesregierung: https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/umgang-mit-desinformation/faktencheck-klimakrise-1936176
[3] https://www.dw.com/de/das-massensterben-der-arten-eine-der-gr%C3%B6%C3%9Ften-gefahren-f%C3%BCr-die-menschheit/a-61674077
[4] https://niedersachsen.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/umweltpolitik/34154.html