NABU-Forum Ornithologie startet Dialogplattform zum Vogelschutz

Die Haustierbranche gehört zu den Gewinnern der Coronapandemie. Aus verständlichen Gründen werden mehr Haustiere angeschafft, um in Zeiten sozialer Isolation eine Aufmunterung zu erfahren. Vielen Neu- und Altbesitzer*innen von Hauskatzen ist nicht bewusst, welche negativen Wirkungen auf die Artenvielfalt von den vierbeinigen Mitbewohnern ausgehen können. Insbesondere die Vogelwelt wird durch streunende Katzen massiv in Mitleidenschaft gezogen. Das Forum Ornithologie des NABU-Kreis Euskirchen will auf Thema aufmerksam machen und gemeinsam mit Katzenhalter*innen sowie weiteren interessierten Bürger*innen nach praktischen Wegen suchen, wie dem Vogelsterben ein Einhalt geboten werden kann. Hierzu startet das Forum Ornithologie eine Dialogplattform mit dem Titel „Hauskatzen und Vögel – ein Vogeljammer“. Lösungsorientierte Beiträge sollen auf der Webseite und den Kanälen der Sozialen Medien des Forums Ornithologie gepostet werden.

Untrüglicher Hinweis auf Katzenopfer                                                                  Foto: Hans Theo Krüger

 

Hauskatzen und Vögel – ein Vogeljammer

Der NABU schätzt den Hauskatzenbestand in Deutschland auf bis zu 14,8 Millionen. Die Hauskatze (Felis catus) ist mittlerweile zum Hauptbeutegreifer der heimischen Vögel geworden.

 

Hintergrund

 

In den letzten Jahren wird zunehmend das Verhältnis von streunenden/verwilderten Hauskatzen und Vögeln kritisch beleuchtet. Insbesondere Prof. Dr. Peter Berthold, ehemaliger Direktor des Max-Planck-Instituts für Ornithologie, macht seit Jahren auf einen massiven Vogelschwund durch Hauskatzen aufmerksam. Er rechnet mit rund 2 Millionen streunenden Katzen. Neben den Streunern folgen auch gut genährte Hauskatzen mit Freigang ihrem Jagdtrieb und stellen Vögeln nach. Die jährliche Beute soll nach Berthold rund 30 Millionen Vögel in Deutschland betragen, was rund fünf Prozent des Gesamtvogelbestandes entspräche. Der inländische Verlust entspricht ungefähr der Beutehöhe, den Vögel auf ihrem Zug über das Mittelmeergebiet und Anrainerstaaten durch Menschenhand erleiden. Allerdings genießt dieses jährliche, grausige Schauspiel eine deutlich höhere mediale Aufmerksamkeit als das Vogelsterben in unseren Gärten.

 

Der Ruf nach Konsequenzen ist angesichts der beachtlichen Verlustzahlen mal laut aber insgesamt doch eher leise.

 

Neben dem gelegentlichen Vorschlag zur Einführung einer Katzensteuer, einer Leinenpflicht und Ausgehverboten werden insbesondere von Natur- und Vogelschutzverbänden eher präventive Maßnahmen propagiert wie der Schutz von Vogelhäuschen und Futterstellen, das Anlagen von Schutzhecken für Vögel, Methoden der Vergrämung von Katzen etc.

Kater Felix mit gefangener Kohlmeise                                                                  Foto: Hans Theo Krüger

Problematisch ist vor allem die enorme Katzendichte in unseren Gärten. Um eine ungehinderte Vermehrung zu vermeiden, dürfte vor allem eine Kastrationspflicht ein probates Mittel sein. In dieser Hinsicht besteht völlige Übereinstimmung mit den Tierschützern. Während manche Gemeinden eine solche Maßnahme bereits eingeführt haben, besteht andernorts, so in Mechernich, noch Widerstand dagegen.

 

Neue Forschungsergebnisse aus Großbritannien, die am 11. Februar 2021 von Cecchetti et al. in der Zeitschrift Cell Biology veröffentlicht wurden, zeigen, dass Glöckchen wenig für den Vogelschutz und gar nichts für den Schutz von Kleinsäugern bringen. Präferiert wird hier eine Kragenkonstruktion um den Hals von Katzen, die den Jagderfolg um 42 Prozent reduziert. Ebenso vermindern proteinreiche Fleischnahrung und das tägliche Spielen von Halter*innen mit Katzen von 5 bis 10 Minuten den Jagdtrieb der Hauskatzen um 36 bzw. 25 Prozent. Diese Ergebnisse zeigen, dass Katzenhalter*innen nicht machtlos sind und achselzuckend dem natürlichen Jagdtrieb von Hauskatzen zusehen müssen.

 Diese  Kohlmeise fing Kater Felix in Satzvey                                                     Foto: Hans Theo Krüger

 

Einladung zur Diskussion

 

Das Forum Ornithologie  des NABU-Euskirchen möchte einen Austausch zwischen Katzenliebhaber*innen und Vogelschützer*innen anregen. Ziel ist es, das wechselseitige Verständnis zu fördern und zu gemeinsamen Lösungen zu gelangen. Offensichtlich gibt es nicht die eine Lösung sondern eher ein Bündel an Maßnahmen. Ihre konkreten Erfahrungen und Ihr Wissen sind gefragt.

 

Weitere Informationen zum Thema:

 

NABU: https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/voegel/gefaehrdungen/katzen/04868.html

 

LBV: https://www.lbv.de/ratgeber/lebensraum-garten/katzen/

 

Interview mit Prof. Dr. Peter Berthold: „Zu viele Katzen sind der Vögel Tod“ https://www.youtube.com/watch?v=7T7hKgDri8M

 

Artikel Cecchetti et al. (2021): Provision of High Meat Content Food and Object Play Reduce Predation of Wild Animals by Domestic Cats Felis catus.- https://doi.org/10.1016/j.cub.2020.12.044

Text: Klaus Hermanns


Kommentare: 2
  • #2

    Klaus Hermanns, Nabu-Euskirchen (Montag, 05 Juli 2021 20:05)

    Sehr geehrter Herr Cordt,
    besten Dank für Ihren Diskussionsbeitrag! Sie beschreiben eindrücklich, dass der Mensch massiv in die Natur eingegriffen hat. Das stimmt auch im Fall der Hauskatze. Hauskatzen sind von den Römern mitgebracht worden. Als ihr nächster Verwandter kommt in der Eifel die Wildkatze vor. Der Bestand wird noch auf rund 1.500 Tiere geschätzt. Im Kreis Euskirchen dürfte es mehrere Zehntausend Hauskatzen geben, wenn man als Näherung das Verhältnis von Hauskatzenanzahl zur deutschen Gesamtbevölkerung auf den Kreis Euskirchen überträgt. Dies zeigt konkret auf, dass der Mensch massiv eingreift. Die Dialogplattform soll Wege aufzeigen, wie ein negativer Einfluss von Hauskatzen auf den Vogelbestand minimiert werden kann und hierzu Erfahrungen von Diskussionsteilnehmenden teilen. Dabei sollten, wie Sie eindringlich aufzeigen, die massiven jagdbedingten Verluste von Vögeln auf ihrem Zug oder durch die intensive Landwirtschaft sowie den Verlust an Biotopen nicht außer Acht gelassen werden. Hier muss ein Umdenken erfolgen. Sicherlich können wir in unseren Gärten durch eine insekten- und vogelfreundliche Gestaltung auch ein positives Zeichen setzen, wie Sie es erfreulicherweise vormachen. In der Stadt könnten Balkone auch in Betracht kommen. Wir können also eine Menge tun.

  • #1

    Axel Cordt (Montag, 05 Juli 2021 14:11)

    Hallo Redaktion.
    In ihrem Artikel, veröffentlicht am 26.06.2021 auf Seite 1 des "Blickpunkt am Sonntag", "Schmusetiger gehen auf Vogeljagt" implizieren Sie, dass in Deutschland lebende Katzen, jedes Jahr, Millionen von Vögel töten. Von Kranich und Schwarz-Storch, über Adler bis Bachsteltze.
    Gibt es bei Katzen Mordlust?
    Hilft die Schrotflinte? Haben Sie einen mit Blei gespickten, noch lebenden Kater gesehen? Ich schon.

    Meine zwei Katzen, Freigänger, haben je im Schnitt 3-4 Vögel pro Jahr "erlegt". Küken, die aus dem Nest gefallen sind oder kranke Vögel.
    Lieber Mäuse - 30 und mehr pro Jahr.

    Was ist mit den Millionen von Vögeln, die in Frankreich, Italien, Griechenland oder Spanien von Erntemaschinen oder "Feinschmeckern"
    vernichtet werden?
    Erntemaschinen töten alle Bodenbrüter, auch ungeborene.
    Für Oliven.
    Denkt da wer dran, wenn er Olivenöl kauft?
    Schmecken Singvögel? Was hört NABU aus Italien oder Griechenland dazu?

    Ich sehe hier wirklich eine Verschwendung von Aufmerksamkeit!

    Wie sieht es mit Bienen- und Waldsterben in Deutschland oder fehlender Aufforstung aus? Kommerzielle Trockenlegung von Mooren und anderern Feuchtgebieten?
    Wild-Unter bzw. -Überquerung von Landstraßen? Krötentunnel...
    Oder im "Kleinen": Das Fehlen von Hecken an Feldern und anderen Rückzugsgebieten und Nistplätzen? Auch für Holzbienen, Schmetterlige, Wasserkäfer und andere.
    Ich habe welche im Garten, Ihr auch?

    Katzen sind für Vögel kein vordergründiges Problem.
    Der Mensch. Lichtverschmutzung, Desinteresse, Rücksichtslosigkeit, dazu Lärm.

    In Erwartung einer anregenden Diskussion verbleibe ich, mit freundlichem Gruß Axel Cordt