21.01.2022 – Offener Brief –


LANUV

Vogelschutzwarte

z.Hd. Herr Dr. Matthias Kaiser

Leibnitzstrasse 10

45659 Recklinghausen

Matthias.Kaiser@lanuv.nrw.de

Achim.Blindert@kreis-euskirchen.de

 

Naturschutzinitiative e.V.

Am Hammelberg 25

56242 Quirnbach/Westerwald

c.rapp-lange@naturschutz-initiative.de

 

NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V.

Kreis Euskirchen

Haus Eichen 2

53940 Hellenthal

m.zoeller@nabu-euskirchen.de

 

Sehr geehrter Herr Dr. Kaiser, sehr geehrte Damen und Herren,

 

stetig wiederkehrend wird das Tötungsrisiko der Kraniche durch die Schlechtwetterlagen in

signifikanter Weise im Bereich von Windanlagen und Stromleitungen erhöht. Das

Kranichfluggeschehen in der Zeit vom 25. bis zum 27.Dezember spiegelte dies in beachtlicher

Weise auch im Jahr 2021 wider.

 

Die Mittelstreckenzieher orientieren sich auf ihrem Zug an der Landschaft und sind auf gute

Sicht angewiesen. Bei Schlechtwetterlagen gibt es erhebliche Orientierungsprobleme. Auch ist

der wichtige Zusammenhalt der Fluggruppen erschwert, der eine energiesparende Reise

gewährleistet.

Notrast aufgrund der Schlechtwetterlage der Kraniche  Gemeinde Hellenthal  am 26.01.2021 

Foto: Mario Zöller/NABU Euskirchen

 

 

Die äußerst ungünstige Wetterlage mit Sichtweiten von weniger als 100 m sorgte im gesamten

Kreis Euskirchen zur Weihnachtszeit für ein „chaotisches“ Fluggeschehen der Kranichvögel.

Laut rufend und wohl desorientiert flogen die Vögel mit großen Problemen die Trupps noch

zusammenhalten zu können durch den Nebel. Die völlig entkräfteten Vögel wurden zu

Notlandungen gezwungen, um auf besseres Flugwetter zu warten. In den Gemeinden der

Höhenlagen des Kreises Euskirchen mit Hellenthal, Dahlem, Schleiden und Blankenheim

konnten neben dem ordnungslosen Fluggeschehen zahlreiche Notlandungen der Kraniche

photographisch dokumentiert werden. Nachweise hierzu können auf Rückfrage zur Verfügung

gestellt werden.

 

In dieser Situation sind die Vögel vor allem im Bereich von Stromleitungen und Windanlagen

von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko betroffen. Die Gefahr in die Leitungsanlagen oder

die Rotoren der Windanlagen zu fliegen und getötet zu werden, ist überaus groß. Dies ist Ihnen

sicher hinlänglich bekannt.

Notrast der Kraniche im Windpark Rescheid Gemeinde Hellenthal am 26.12.2021 

Foto: Marion Zöller/NABU Euskirchen

Bereits im Oktober 2018 hatten die Naturschutzverbände das LANUV und die UNB Euskirchen

angeschrieben, auf das signifikant erhöhte Tötungsrisiko beim Fluggeschehen der Kraniche zu

Schlechtwetterlagen hingewiesen und um Abschaltung der Windanlagen in Zugbereich der

Kraniche gebeten.

 

Bedauerlicherweise ist die Behörde dieser Bitte nicht nachgekommen, auch wenn es sich nur

um wenige Tage oder sogar wenige Stunden handelte, an denen die Windanlagen abzuschalten

wären.

 

Aufgrund des äußerst kritischen Fluggeschehens im Dezember 2021 bitten wir um eine neue

Bewertung der Tötungssignifikanz während des Kranichzuges, bedingt durch die

eingeschränkte Sicht bei Schlechtwetterlagen und während der Nachtflugzeiten. Durch ein

gezieltes Monitoring vor Ort in den betroffenen Gemeinden unter Beteiligung der UNB

Euskirchen und der Naturschutzverbände ist das erhöhte Tötungsrisiko bei Schlechtwetterlagen

und Nachtflugzeiten zu belegen.

 

Dabei sollte berücksichtigt werden, dass der Kranichzug auch von anderen ziehenden

Vogelarten begleitet wird, die ebenfalls durch die Windanlagen gefährdet sein können. Auch hier

wird es ggf. zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos für die Arten kommen.

Ähnlich sind die Probleme auch beim Limikolenzug zu sehen, also beim Zug von Kiebitz (Vanellus vanellus), Goldregenpfeifer (Pluvialis apricaria), Mornellregenpfeifer (Charadrius

morinellus) oder Bekassinen (Gallinago gallinago). Auch hier müsste bei Schlechtwetterlagen

zur Kernzugzeit abgeschaltet werden.Der immer stärkere Zubau der Höhenzüge des Kreis Euskirchen im Bereich der westlichen Kranichzugroute durch Windenergieanlagen verstärkt die kritische Situation des Fluggeschehens aller Zugvögel bei Schlechtwetterlagen.

 

Selbst wenn man vor dem Hintergrund einer geringen Schlagopferzahl an Kranichen von einem

niedrigen Kollisionsrisiko ausgeht, muss man damit rechnen, dass ungünstige Konstellationen

in Zusammenhang mit Schlechtwetterlagen und Nachtflugaktivitäten dieses Kollisionsrisiko

erheblich erhöht wird.

 

Ein einfaches Instrument für den Schutz der Kraniche an Massenflugtagen bei

Schlechtwetterlagen und während Nachtfluggeschehen wäre ein Monitoring durch

Kranichflugbeobachter, die ein kritisches Fluggeschehen an die zuständigen Behörden melden.

So wäre ein gezieltes Abschalten der Anlagen zum Schutz des Vogelzuges möglich.

 

Aufgrund des Geschehens im Dezember 2021 bitten wir Sie nochmals nachdrücklich, sich für

den Schutz aller Zugvögel einzusetzen und beim Fluggeschehen während der

Schlechtwetterlagen und bei Nachtflügen auch im Bereich der Windanlagen durch Abschaltung

selbiger für einen sicheren Flug der Vögel zu sorgen.

 

Mit freundlichem Grüßen

 

Claudia Rapp-Lange Marion Zöller

Länder- und Fachbeirätin NRW Vorstandsmitglied NABU Euskirchen

der Naturschutzinitiative e.V. (NI)

Mobil 0173/2718323